Wie der Zufall das so will
Ich gebe es zu, ich bin ein sehr bequemer Mensch und Routine ist in meinen Augen eine feine Sache, die oft hilfreich zur Seite steht. Leider ist Routine auch oft genug der Killer echter Kreativität. Aus diesem Bewusstsein fing ich an, selber nach Abwechslung zu suchen.
Es ist der 02. Mai 2015.
Ich war die ersten Jahre im Projekt sehr glücklich damit, dass wir mit den Menschen arbeiten, die ihren Weg zu uns fanden. Doch so langsam bahnt sich in mir eine Unruhe an, die ich zuerst nicht so Recht benennen konnte.
Ich liebe es, wie viele unterschiedliche Menschen wir allein dadurch finden, dass wir unsere Idee verbreiten. Sicher, unser Portfolio wird noch einiges an Aufmerksamkeit brauchen, um die wahre Vielfalt all unserer Modelle widerzuspiegeln, doch bis dahin werden wir nicht müde immer wieder zu betonen: Das Projekt ist für alle da, die Interesse haben!
Als Künstler wächst in mir jedoch der Wunsch, selbst aktiv für mehr Abwechslung zu sorgen. Ein Novum! Beim Durchblicken meiner bisherigen Arbeiten komme ich auf die Idee nach Modellen mit mehr Tattoos zu suchen. Kein leichtes Unterfangen, unser Ansatz, Menschen für die Idee zu begeistern, ist schließlich befreit von dem Konzept, ihnen dabei bohrende Fragen zu ihrem Körper zu stellen.
Mit dem bescheidenen, aber vorzeigbaren Satz an Fotos, der mir für Online-Präsenzen zur Verfügung steht, habe ich auf einer sozialen Plattform, die sich speziell an Fotografen, Modelle und ähnliche Kreativschaffende richtet, ein kleines Profil eingerichtet. Mit dem glorreichen Gedanken: Warum auf die Abwechslung warten, wenn es bereits Menschen gibt, die sich mit der gleichen Begeisterung dem Thema widmen und bereits selbst über ein Portfolio verfügen!
Ich habe also zum ersten Mal ein semiprofessionelles Model angeschrieben und einen Termin vereinbart. Dieser Vorgang ist so völlig anders als Alles, was ich bisher gewohnt war. Unser Termin: Der 05. Juni 2015. Ein Termin, der noch gut einen Monat in der Zukunft liegt.
Und ja, aufmerksame Leser dürften sich jetzt am Kopf kratzen. Wenn dieser Termin noch einen Monat hin ist, was soll diese Information dann jetzt hier in diesem Eintrag? Mit diesem kleinen literarischen Umweg möchte ich in den Köpfen dieselbe Ausgangssituation erzeugen, in der ich mich befinde.
An diesem Tag, eben gut einem Monat vor der unter hohen Aufwand heraufbeschworenen Session mit dem ersten semiprofessionellen Model, an eben diesem Tag arbeite ich mit einem Model zusammen, das auf dem eher klassischen Wege zum Projekt gefunden hat. Und was stelle ich am Set fest? Eine nicht zu übersehende Anzahl an fantastischen und für mein Verständnis sehr großen Tattoos!
Ich muss lachen und natürlich dem Model erklären, warum (Ein Fotograf, der am Set lacht und die Hände über dem Kopf zusammenschlägt hat verständlicherweise wenig von der Professionalität, derer ich mich sonst rühme). Sie wundert sich darüber, dass ich vorher nicht darüber informiert wurde (von der vermittelnden Person, welche sie zu uns gebracht hat) und wir feiern die Situation kollektiv. Immerhin konnte ich ihr an der Stelle mitteilen, dass sie so ziemlich genau das war, wonach ich in letzter Zeit gesucht habe.
Es soll nicht das letzte Mal sein, dass ich unter viel Aufwand nach einem bestimmten Model oder Motiv suche, nur um zur selben Zeit vom Zufall überrascht zu werden. Wahrlich nichts, worüber ich mich beschwere. Ein bisschen veralbert komme ich mir dennoch jedes Mal vor.
Und so freue ich mich also über mein erstes Model mit mehr Tattoos und freue mich ebenso auf die Session einen Monat später, mit dem dann bereits zweiten Model mit mehr Tattoos!